Chaos beim 6. Dalai Lama


Während der Amtszeit des 6. Dalai Lamas herrschte Chaos und politische Intrigen führten dazu, dass Tibet immer mehr von China beherrscht wurde.
Während der Zeit der Geheimhaltung des Todes des 5. Dalai Lama und auch während der Amtszeit des 6. Dalai Lama, hetzte der Regent die verschiedenen mongolischen Stämme gegeneinander und gegen China auf. Das Heer des chinesischen Kaisers besiegte 1696, zum Leidwesen des Desi, die mongolischen Dsungaren, auf die er sich stützte. Der Kaiser hatte daraufhin leichtes Spiel bei den anderen mongolischen Stämmen, die dem Desi die Täuschung nicht verziehen haben.


Der 6. Dalai Lama hingegen konnte die Erwartungen an ihn nicht erfüllen. Er führte zusammen mit einem Freund ein exzessives und undiszipliniertes Leben. Der Mordversuch an seinem Freund durch den Desi entzweite die beiden Staatsoberhäupter. Der Dalai Lama zog sich ins Kloster Trashihünpo zurück. 1702 ließ er sich vom 5. Penchen Lama Lobsang Yeshe seiner Gelübde entheben und wurde buddhistischer Laie. Er war allerdings weiterhin im Stand eines Dalai Lama. Dieser Rückzug führte zu großen Spannungen unter den religiösen Mongolen. Sie verbündeten sich mit dem chinesischen Kaiser. Der Desi musste zurücktreten und wurde, nachdem er weiterhin versuchte die Machtfäden in der Hand zu halten, enthauptet. 1705 wurde Tibet besetzt. Der Dalai Lama konnte nicht so ohne Weiteres aus dem Weg geschafft werden. Um ihn zu diskreditieren, wurde vom chinesischen Kaiser und von den Mongolen öffentlich die Echtheit seiner Inkarnation angezweifelt. Da er beim Volk, trotz seiner Eskapaden, nicht an Ansehen verloren hatte, wurde er der kurzerhand der Ketzerei bezichtigt. Im Juni 1706 wurde er aus dem Potala-Palast geholt und abgesetzt. Auf dem Weg zum Kaiser starb er am 14. November 1706.


Der Mongole Labsang Khan regierte ab dem Jahr 1706 nun das Land und ließ nach dem „echten“ Dalai Lama suchen. Ein Jahr später wurde ein 20-jähriger Mönch unter dem Namen Yeshe Gyatsho als 7. Dalai Lama inthronisiert. Obwohl Zweifel bestanden wurde er 1710 auch vom chinesischen Kaiser als Dalai Lama anerkannt. Als Gegenleistung für diese Anerkennung und den Machterhalt verpflichtete sich der Khan zu jährlichen Abgaben an den Kaiser.


Zu Spannungen kam es, als in Osttibet die Mönche von Lithang einen kleinen Jungen als Inkarnation des 6. Dalai Lama entdeckten. Das Kind fand immer mehr Anhänger und musste schließlich vor den Angriffen des Khan in Sicherheit gebracht werden. Im August 1716 entschied der Kaiser, den Jungen in das Kloster Kumbum bringen zu lassen.


Im Jahr 1717 rückte der Dsungaren-Herrscher mit einem Heer nach Tibet ein, um sich beim Khan als Verbündeter gegen Bhutan vorzustellen. Er verschleierte dadurch seine wahren Absichten, nämlich die Herrschaft über Tibet zu übernehmen, den Kaiser und seine Verbündeten zu vertreiben. Das Versprechen, den wahren Dalai Lama aus Kumbum zu befreien, brachte ihm die Unterstützung der tibetischen Bevölkerung. Der Befreiungsversuch scheiterte, doch Lhasa wurde erobert und der Khan fiel im Kampf. Der amtierende Dalai Lama wurde entthront und nach China gebracht. Die Enttäuschung über den Befreiungsversuch ließ das Land zerfallen. Die Dsungaren hielten sich nur mit Gewalt.